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Jackenprojekt mit Anspruch

Dieses Projekt ist aus einer Luxussorge heraus entstanden. Der große Stöpsel hatte im Herbst eine Übergangsjacke bekommen, sehr dünn gefüttert, die im Winter nicht mehr warm genug war. Er verweigerte aber die Ski-Jacke vom letzten Winter als Alltagsjacke, weil sie angeblich zu lang sei und nur beim Skifahren tragbar. Ja, wir hätten ihn zwingen können, diese Jacke zu tragen. Ohne Zwang hat er es konsequent verweigert und immer in Kauf genommen, in der Übergangsjacke zu frieren.

Ich hatte Lust, mal wieder etwas Anspruchsvolleres zu nähen als Jersey-T-Shirts, und habe die Verweigerung deshalb toleriert. Damit die neue Jacke aber auf höhere Akzeptanz trifft, wollte ich, dass der große Stöpsel die Materialien vollständig selbst aussucht. Ich habe ihm Stoffarten vorgeschlagen und im Online-Shop meiner Wahl die Farben vorgeführt. Die Wahl des Kindes fand ich erst mal ziemlich seltsam: Etaproof in „spruce green“ und Kuschelwalk in „golden ochre“. So gedeckt hätte ich ihm gar nicht zugeordnet. Aber gut, seine Wahl musste ich ja nun akzeptieren und habe die Stoffe bestellt. Als sie kamen, habe ich noch mal nachgefragt, aber er blieb dabei.

Also habe ich mich bei der nächsten Gelegenheit an die Jacke gesetzt. Das Schnittmuster, das ich verwendet habe, war die Raglanjacke Cozy von kullaloo, und ich habe die Größe 140 unverändert verwendet, weil Walk als Futter doch ziemlich aufträgt. In der Anleitung steht, man müsse vier bis fünf Stunden Nähzeit rechnen, und das hat auch sehr gut gepasst. Ich habe einige Stellen aufgetrennt und alle Nähte an der Außenjacke rechts und links der Naht abgesteppt, das kostete etliches an Zeit. Allein für die Reißverschlussgarage habe ich fünf Anläufe gebraucht, weil so viele Schichten Etaproof plus Reißverschluss plus Walk bei meiner Nähmaschine sehr unbeliebt waren.

Geändert habe ich nur bei den Taschen. Sie sind ungefüttert vorgesehen, das fand ich aber für eine Winterjacke echt ungemütlich. Ich habe sie deshalb doppelt genäht, gewendet und dann aufgesteppt, damit das Kind auch in der Tasche ein Wollfutter hat. Am Taschen-Aufnähen habe ich gemerkt, dass ich inzwischen unbefangener an solche Aufgaben gehe. Es hat reibungslos geklappt, die Eingriffe am oberen Rand zu verriegeln, und bei Etaproof hat man nur eine Chance, weil die Löcher im Stoff bleiben.

Auf klassische Ösen habe ich verzichtet, weil das so oft schief geht. Stattdessen habe ich fertige Ösenpatches aufgenäht und durch die Öse ein kleines Loch in den Außenstoff geschnitten. Auch das Kunstleder fand mein Nähfuß nicht prickelnd, aber es lief besser als Öseneinschlagen. Eine passende Kordel war das Einzige, das mir am Ende fehlte, aber der große Stöpsel kann mit dem Provisorium erst mal prima leben.

Ja, das Walkfutter in den Ärmeln ist nicht ganz unproblematisch. Die geliebten Nickipullover passen nicht rein, da gab es schon lautstarke Wutausbrüche in der Garderobe.

Aber mir kam so unlogisch vor, eine Winterjacke mit dünnen, ungefütterten Ärmeln zu nähen. Da friert man doch dann auch. Also zieht er jetzt entweder die Nickipullover mit der Übergangsjacke oder alle anderen mit der neuen Jacke an.

Wie abzusehen war, ist die Kapuze etwas knapp. Der große Stöpsel hat Kopfumfang 55/56, und wenn er die Kapuze aufsetzt, zieht das die Schultern der Jacke hoch. Das ist nicht ideal, aber ich habe beim Nähen nicht gut genug dran gedacht.

Schön finde ich den Tunnelzug am unteren Saum, durch den die Jacke unten winddicht ist. Ich hatte vergessen, das Futter kürzer zu schneiden als die Außenjacke, und habe deshalb „falsch“ gesäumt. Eigentlich soll der Außenstoff unten um 2,5 cm über das Futter geklappt und festgesteppt werden. Das ergibt den Tunnel, durch den nachher die Kordel gezogen wird. Bei mir war nun das Futter gleichlang. Also habe ich Außen- und Innenstoff je einen Zentimeter nach innen geklappt, knapp zusammengesteppt und danach mit Abstand noch mal gesteppt, um den Tunnel herzustellen. Das hat zum Glück auch geklappt.

Der große Stöpsel liebt diese Jacke trotz der Ärmel-Einschränkung sehr und ist ganz stolz, dass er die Stoffe und Farben selbst ausgesucht hat. Ich muss ihm zugestehen, dass ich positiv überrascht bin. Für einen Siebenjährigen sind die Farben aus meiner Sicht immer noch ungewöhnlich, aber schick sieht es aus. Für den Schulweg habe ich allerdings ein Reflektor-Dreieck gekauft, das er über den Kopf zieht. Das wäre mir sonst allzu dunkel.

Verlinkt zu Menschen(s)kinder, The Creative Lover, Handmade on Tuesday und creadienstag

16 Kommentare zu „Jackenprojekt mit Anspruch

  1. Sehr, sehr schön. Manchmal kommen eben Überraschungen zu Stande, wenn man die Kids fragt.
    Hier wurde gerade so eine Mütze gewünscht. Würdest du mir bitte verraten, was das für ein Schnitt ist? Ich nehme an, die ist auch selbstgenäht. 🙂
    So einen Reflektorkragen finde ich praktisch. Der passt nämlich über den Rucksack.
    Kommt gut ins neue Jahr, Maryme

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  2. Hihi, ich habe gerade den Test gemacht und der Sohn sagte coole Farbkombi, nur die Bänder müssen doch knallgelb sein – du siehst also auch der hier jetzt Siebenjährige findet es gut. Mir gefällt der Schnitt, also die Form und die Kapuze und die Länge, dem Kind leider nicht … bei ihm darf der Hals gern immer nackig sein und Kapuze findet er auch nicht soooo nötig – dafür wird jetzt zumindest bei Minusgraden gnädigerweise eine Mütze aufgesetzt (meine Mutter sagt – wieeeee duuuu – jetzt bekommst du es mal zurück … na gut). Ich suche also weiter einen Jackenschnitt und hoffe ich darf dann auch mal eine Nähen … Rutsch gut ins neue Jahr, bis dann Ingrid

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    1. Mensch Ingrid, dein Sohn hat aber wirklich auch ein sehr spezielles Temperaturempfinden. Okay, die Bänder werde ich also wirklich noch mal austauschen.
      Bei der Suche nach einem Jackenschnitt für deinen Warmblüter wünsche ich dir ganz viel Erfolg und bin gespannt, wann du fündig wirst!
      Liebe Grüße und ein wunderbares Neues Jahr!

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  3. Liebe Meike!
    Das ist eine richtig klasse Jacke! Schnitt und Farbkombi gefallen mir sehr gut! Dein Großer hat Geschmack!!!

    Hoffentlich seid ihr gut ins neue Jahr reingekommen!
    Liebe Grüße Iggy

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  4. Die Jacke ist toll geworden, und so wie die Farben auf den Fotos sind, finde ich die Kombination richtig toll. Die würde ich auch tragen. Nähst du das nochmal in groß für mich 😉

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      1. Jetzt lese ich den Post gerade nochmal, weil ich mir wirklich eine Jacke aus Etaproof nähen will. Ja, 5-6h sollte ich hinbekommen 😉

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  5. Die Jacke ist richtig toll geworden. Mit dem Gelb finde ich die Farbzusammenstellung auch gar nicht trist. So ein Jackentheater am Morgen kenne ich auch nur zu gut. Da ich auch sehr gerne Jacken nähe, werde ich ebenfalls eine neue Winterjacke in Angriff nehmen. LG Julia

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    1. Danke, Julia!
      An dein Jacken-Output werde ich wohl nie herankommen, ich traue mich viel seltener an neue und anspruchsvolle Schnitte als du. Zu Hause lauern schon drei Papierschnitte, die ich jeweils nach Blogbeiträgen von dir bestellt habe, aber ich trau mich nicht…
      Liebe Grüße

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  6. Liebe Meike, ich ziehe den Hut davor, dass Du dich an dieses Projekt gewagt hast – und dann mit diesem Ergebnis! Einfach großartig! Und die Farbkombi ist schön, der große Stöpsel hat auf alle Fälle Geschmack! Die Jacke wirkt „wie gekauft“ (das soll in diesem Fall ein Kompliment sein :-)) – einfach klasse. Ich hoffe, der große Stöpsel wird sie lange mit großer Freude tragen! Liebste Grüße, Karin (die jetzt gleich mal nachschauen geht, mit welchem Futterstoff die Winterjacken hier gefüttert sind…)

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