Anfang dieses Jahres habe ich zum ersten Mal bewusst die Sewing Oscars mitbekommen. Das finde ich eine total witzige Idee von Nina von Vervliest und zugenäht; sie lobt elf Kategorien aus, in denen man Oscars für selbstgenähte Kleidungsstücke verleihen kann. Man kann aber auch weniger Kategorien vergeben. Ich habe das bei anderen so gern gelesen, dass ich beschlossen habe, dieses Jahr selbst auch Oscars zu verleihen. Beim Durchforsten meines Blogs habe ich festgestellt, dass das außerdem ein wirklich schöner Jahresrückblick ist, wenn man noch mal betrachtet, was das Nähjahr 2018 so alles gebracht hat. Die Entstehung der Kleidungsstücke ist jeweils in der Urteilsbegründung verlinkt.
Beste/r HauptdarstellerIn – das liebste bzw. am häufigsten getragene Kleidungsstück

Da habe ich einen klaren Gewinner: Das gepunktete Umstandskleid. Das hat auch am Tag der Geburt noch prima gepasst, und ich werde im kommenden Sommer die Seitennähte auftrennen, die Bauchweite wieder wegnehmen und es weitertragen. Ich mochte ganz überraschend das kräftige Rot an mir und fand das Kleid sowohl für den Spielplatz als auch fürs Büro passend. Das habe ich wirklich ständig getragen. Jetzt hat es nur deshalb Pause, weil der Stilleinsatz fehlt.
Beste/r NebendarstellerIn – das am besten zu kombinierende Kleidungsstück

2018 habe ich mir fast nur Umstandskleidung genäht, und von allen Stücken fand ich dieses Shirt am geländegängigsten. Das passte zur Jeans, zur weißen Stoffhose, zum schwarzen Rock, unter eine Strickjacke und auch „pur“. Seitdem habe ich einige Stoffe in Schwarz/Weiß/Grau gekauft, weil ich gemerkt habe, dass meine Liebe zu bunten Mustern das Kombinieren deutlich erschwert. Und vielleicht nehme ich auch hier den Aufwand auf mich, die Bauchraffung aufzutrennen, damit ich das Shirt im kommenden Sommer passend tragen kann
Beste Regie – die aufwändigste Verarbeitung bzw. die technischste Herausforderung

Für diese Kategorie musste ich nicht mal nachdenken. Das war ohne jeden Zweifel meine Tragejacke. Erstens fand ich da die Anpassung der gewölbten Rückenteile nicht ohne, zweitens hatten Jacke und Trageeinsatz erschreckend viele Einzelteile, und drittens war das noch persönlich am aufwendigsten, weil ich die komplette Jacke mit Baby im Tragetuch genäht habe. Ich trage sie täglich, seit sie fertig ist, und bin immer wieder froh über den November-Wetter Sew-Along, der mir den Schubs dazu gegeben hat.
Bester Schnitt – das Lieblingsschnittmuster

Für diese Kategorie hatte ich mehrere Nominierte und musste auch eine Weile überlegen. Gewonnen hat schließlich die Webware-Hose Sanna von Näähglück, die ich bisher nur in der Umstandsversion genäht habe. Ich finde daran die Taschenform pfiffig und freu mich schon darauf, eine „normale“ Sanna mit dem seitlichen Knopfverschluss zu nähen, den ich todschick finde und dessentwegen ich den Schnitt überhaupt gekauft habe.
Bestes Drehbuch – die beste Anleitung bzw. das beste Ebook

Auch beim besten Drehbuch habe ich sehr gründlich und lange überlegt, welche Anleitung ich wirklich am besten fand. Im Ergebnis ist es das Ebook „Frau Tomma“ von Studio Schnittreif geworden. Es ist sehr klar und unprätentiös formuliert, die Fotos sind professionell belichtet und ich finde absolut benutzerfreundlich, dass das Beispielstück hellblau ist, die Overlocknähte aber mit rotem Garn gearbeitet sind. Dadurch kann man zweifelsfrei erkennen, wo was zu tun ist.
Ehrenoscar – das schönste für jemand anders genähte Kleidungsstück

In dieser Kategorie muss ich ein bisschen von der Vorgabe abweichen. Ich fand beim Durchstöbern der 2018er Fotos, dass ich meinen Kindern ziemlich viele schöne Kleidungsstücke genäht habe. Allerdings gab es keins, das da so richtig konkurrenzlos herausstach. Deshalb vergebe ich den Ehren-Oscar 2018 an das schönste für jemand anderen genähte „Stück“, nämlich die Blüten-Krabbeldecke für das Stöpselchen. Ich finde sie nach wie vor unbeschreiblich einladend, bunt, kindgerecht, einzigartig und liebevoll. Sie hatte 2018 keine ernstzunehmende Konkurrenz, und deshalb hoffe ich, dass mir die weite Auslegung dieser Kategorie vergeben wird.
Beste Kamera – die schönsten Bilder von eurem genähten Werk

Dieser Oscar fiel mir wieder leicht. An dem Tag, an dem mein Mann diese Fotos von meinem ersten Modal-Werk gemacht hat, zog das gefühlt einzige 2018er Sommergewitter über Berlin. Es verdunkelt im Hintergrund schon den Himmel fast komplett, während vorn noch die Sonne brennt (und ich deshalb ziemlich doof ins Gegenlicht gucke). Das finde ich deshalb die besten Fotos, weil ich erstens den Lichtkontrast mag und zweitens eine so positive Erinnerung an den erleichternden Regen in diesem verflucht heißen Sommer mit Kugelbauch habe.
Beste Visuelle Effekte – das ungewohnteste Muster

Die Kategorie „Beste Visuelle Effekte“ darf man nach Belieben interpretieren, und für mich ist es das Kleidungsstück mit dem für mich ungewöhnlichsten Muster: mein Hoodiekleid Fulla. Diesen Stoff hatte ich geschenkt bekommen und hätte ihn zu hundert Prozent sicher im Stoffladen nicht mal angefasst. Er ist zartgrau und mit Kirschblüten bedruckt. Das hätte ich im Laden als kitschig und zu feminin abgehakt. Aber ich liebe dieses Kleid, habe es 2018 so oft getragen, dass es nur knapp an „bester Hauptdarsteller“ vorbeigerutscht ist, und fühle mich damit total wohl in meiner Haut. Also: Tausend Dank noch mal für diese Wahl, Kirsten!
Goldene Himbeere (Anti Oscar) – der größte Reinfall

Puh, auch da gab es mehrere Kandidaten, und am Ende habe ich danach gemessen, bei welchem mein Frust am größten war. Das war bei Frau Ilvie, die ich aus wunderschönem Bio-Musselin genäht hatte und die auch nach der zweiten Anpassung einfach nur sch… saß. Inzwischen, mit Abstand, bin ich auch davon abgekommen, den Schnitt noch mal mit einem anderen Stoff auszuprobieren. Manchen Frust sollte man sich einfach sparen. Frau Ilvie gehört inzwischen meiner Mutter und sieht an ihr erstaunlich gut aus. Vielleicht war ich für diesen Schnitt einfach falsch gebaut…
Mit der Goldenen Himbeere endet der Rückblick aufs Nähjahr 2018. Ab jetzt blicke ich nach vorn. Seit Weihnachten 2018 habe ich – nach einem nächtlichen Marathon-Zuschnitt, als das Stöpselchen ausnahmsweise mal ohne Körperkontakt weiterschlief – schon einige Stücke genäht, aber das waren allesamt bekannte Schnitte, bei denen ich nichts Neues gelernt oder entdeckt habe. Und da ich beim Bloggen versuche, meine Unterzeile „Leben und Lernen mit Nadel und Faden“ zu beherzigen, haben die dann hier auch nichts zu suchen.
Für 2019 habe ich eine to-sew-Liste angefangen, von der mir erst nach einer Weile aufgefallen ist, dass sie diesen Titel verdient. Die penetranten Logos hat sie nur, weil darunter die Namen der drei Stöpsel stehen, ich bitte um Nachsicht…

Der große Stöpsel soll zwei verschiedene Cordhosen bekommen, eine davon nach einem Echtgrößenschnitt. Ich bin gespannt auf die Passform. Außerdem zwei neue Pullover nach bisher unerprobten Schnittmustern und Wolle/Seide-Unterwäsche für den geplanten Skiurlaub. Alle Schnitte und Stoffe liegen schon gedruckt und teilweise geklebt bereit.
Der kleine Stöpsel „braucht“ eigentlich nichts, muss aber manchmal entweder ganz dringend das gleiche bekommen wie der große oder kann ohne einen neuen Kapuzenpullover oder eine neue Strumpfhose nicht leben. Seine Liste ist deshalb kurz und schon fast abgearbeitet.
Das Stöpselchen schießt weiter in die Länge, es misst mit knapp vier Monaten schon 71 Zentimeter und braucht laufend neue Kleidung. Da komme ich kaum hinterher. Noch ist nicht mal alles geklebt und bereitgelegt.
Der Stöpsel-Papa soll auch mal wieder etwas bekommen, und zwar einen Cardigan. Mir will ich ebenfalls einen nähen, in kombinationsfreundlichem Schwarz.
Was nicht auf der aktuellen to-sew-Liste steht und auf meinem inneren Plan auch frühestens im zweiten Halbjahr realistisch ist, wenn das Stöpselchen sich ein bisschen von mir löst oder lösen lässt: Ich habe schon so viele tolle Wind&Wetter-Parkas von Lotte & Ludwig gesehen, dass ich jetzt auch einen will. In meiner Vorstellung soll der aus rotem Dry Oilskin sein, aber ich muss erst mal nachlesen, ob sich der Stoff auch eignet. Dann hätte ich ja gern die Bluse Sera in der Näähglück-Adventswerkstatt genäht, weil ich Blusen mit Stehkragen liebe, aber sie besteht hinten aus fünf Teilen, die ich alle an meine Schulter-Mehrweite anpassen muss. Das habe ich mir mit dem Stöpselchen vor dem Bauch nicht zugetraut. Ich habe aber schon Stoffe und Knöpfe gekauft und fest vor, mir dieses Jahr zwei Blusen zu nähen. Wenn es mehr werden: Umso besser. Und zu guter Letzt glaube ich realistisch, dass ich den Angstgegner Jeans auch dieses Jahr nicht bezwingen werde, aber ich würde mir gern eine Webware-Hose Sanna nähen, und zwar aus Cord. Ich liebe Cordhosen schon seit der Grundschulzeit, und zwar durchgehend auch dann, wenn sie gerade nicht modern sind. Das ist mir wurscht. Den Stoff habe ich schon gekauft.
So, und nun hoffe ich auf Zeitgeschenke zu Nähen, drücke mir die Daumen für Selbstdisziplin und Mut für den Parka und die Blusen und freu mich auf all meine Ergebnisse und Lernprozesse im kommenden Jahr.
Danke für die Oscar-Linkparty, die finde ich toll!
Hallo Meike, schau mal bei dem Blog von Tüt vorbei, bzgl des Parkas. Sie hat den schon zweimal aus dem Material genäht.
LG, Verena
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Ach danke, Verena! Ich habe mindestens zwei von Tüt schon gesehen, aber nicht auf das Material geachtet. Das mache ich jetzt noch mal aufmerksamer. Viele Grüße!
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Verena, den Gedanken hatte ich auch sofort: Aber da gibt es doch schon zwei aus Dry Oilskin, bzw sie schrieb, der Winterparka ist aus French Dry Oilskin, weil etwas dünner. Ich bin gespannt auf deinen Roten, Meike!
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Ein sehr schöner Jahresrückblick!! Du hast wirklich sehr schöne Sachen genäht!
Einen Parka aus Oilskin steht bei mir auch auf dem Plan. Ich habe mir mal in einem Onlineshop (leider weiß ich nicht mehr bei welchem) von den unterschiedlichen Oilskin Qualitäten ein Muster / eine Stoffprobe schicken lassen, damit ich besser abschätzen kann, welcher zu einem Parka passen würde. Das würde ich dir auch dringend raten, da es hier tatsächlich große Unterschiede gibt und der Stoff ja nicht ganz günstig ist. Wäre frustrierend, wenn man so viel Geld ausgibt und der Stoff nicht so fällt wie er soll.
LG
Natalie
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Danke für den Rat, Natalie! Das mach ich auf jeden Fall, ich gucke mal nach, welche Shops solche Proben anbieten.
Liebe Grüße!
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Wie schön, diesen vom Babyjahr geprägten Rückblick zu lesen. Hat mir sehr viel Spaß gemacht, diesen Sachen (wieder) zu begegnen. Und wie motivieren ist es, zu sehen, wie viele Lieblingsstücke doch durch unser Hobby entstehen – bei den Fehlversuchen und schiefen Nähten, die doch auch immer wieder passieren. Und ja, die Babydecke – die hat mindestens 2 Oscars verdient. Ich freue mich auf all Deine Nähwerke in diesem Jahr – für groß und klein! Liebste Grüße! Karin
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