Das kennt bestimmt jeder Mensch mit mehreren Kindern: diese Riesenmengen Kleidung, die dem einen nicht mehr und dem anderen noch nicht passen. Anders ist das bei uns auch nicht, und in unregelmäßigen Abständen, meist im Frühling und im Herbst, durchforste ich die Kisten nach Lieblingsstücken und Saisonkleidung, die jetzt der nächste kleine Stöpsel tragen kann. Eigentlich haben wir ein Frühlings- und ein zweieinhalb Jahre jüngeres Herbstkind, aber unser Erster war und ist so groß für sein Alter, dass bei der Kleidung doch mindestens drei ganze Jahre zwischen den beiden liegen.
Das finden wir ganz dankbar, weil dadurch doch fast alles beiden Kindern nacheinander jahreszeitgerecht passt. Im Mai, als es nach gefühlten acht Monaten Winter mal wärmer wurde, bin ich auf die Suche nach Frühlingskleidung gegangen und habe dabei eine Hose gefunden, die mir fast Tränen der Wehmut in die Augen getrieben hat. Sie hat Größe 92, muss also von Herbst 2013 sein, als unser Großer eineinhalb war.
Zu der Zeit hatte ich gerade zum Geburtstag eine Overlock-Maschine bekommen, die sich zu einer 30 Jahre alten Nähmaschine mit ungefähr neun Sticharten und sonst nichts an „Features“ gesellte. Ich hatte etwa ein Vierteljahr Näherfahrung und mich im Wesentlichen an Pumphosen, krumpeligen Bodys und einer Kinderjacke ausgelebt. Ganz optimistisch bin ich an das Freebook „Schnabelin(as) Hose“ gegangen, in dem ich völlig neue Begriffe gelernt habe: Untertritt, Knipse, Vlieseline, Passe…Im Nachhinein war auch die Stoffwahl mutig: dünner Babycord, der es sicher nicht einfacher gemacht hat. Aber er war so schön weich… Ich habe mich durch das Ebook gekämpft, habe gesteppt, gebügelt, gefalzt, schweißgebadet Parallelnähte fabriziert und hatte am Ende eine Hose, von der ich überzeugt war, dass es die schönste Hose der Welt ist.
Als ich diese Hose jetzt aus der Erbstücke-Kiste gezogen habe, war ich echt platt, mit wie wenig Näherfahrung und wieviel Unbefangenheit ich eine so tolle Hose herstellen konnte. Sie gefällt mir immer noch, und ich kann dreieinhalb Jahre und ungezählte Nähwerke später keine wesentlichen handwerklichen Mängel dran erkennen. Klar, mit Suchen würde ich vielleicht was finden, aber ich suche nicht. Selbstgemacht ist unperfekt, und stolz auf die Hose bin ich auch so.
Den Schnitt hab ich mir direkt für eine zweite Stolz-Hose noch mal rausgelegt…
Prima, dass die Hose auch für den Kleinen passt. Meine erste „richtige“ Hose war auch nach Schnabelinas Schnitt.
Viele Grüße, Tina
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Echt, nach dem gleichen? Das ist ja witzig! Für den Kleinen passt sie noch etwas besser als Mottis Jeans, aber ich hab jetzt auf jeden Fall beide im Repertoire – dank deinem Tipp!
Viele Grüße, Meike
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