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Maritime Arja aus Softshell

Ich habe vor diesem Beitrag mal gedanklich nachgezählt, wie oft ich mir schon Jacken oder Mäntel genäht habe und wie viele davon ich im echten Leben tragen konnte. Ein Wollmantel (sah furchtbar aus, Altkleidersammlung), ein Burda-Kurzblazer aus Rohseide (ja, war gut, fürs Tragen fehlt aber im Alltag die Gelegenheit), eine Raglanjacke Cozy (zu kurze Ärmel trotz sieben Zentimeter Verlängerung, bisher keine Motivation für Nachbesserungen), ein Blazer aus Jacquard-Jersey (sitzt perfekt, soll Geschwister bekommen). Auf die Schnelle vier Projekte, von denen immerhin zwei mit Erfolg abgeschlossen wurden. Ich wollte aber immer eine richtige Jacke für obendrüber haben, und gerade das hatte bisher nicht geklappt. Mein neues Vorhaben war eine Softshelljacke nach dem Schnitt Arja von Näähglück.

Ich mag die Näähglück-Anleitungen, auch deshalb, weil dort immer sehr detailliert erklärt ist, wie sich die Schnitte auf die individuellen Maße anpassen lassen. Das habe ich bei meiner Arja sehr penibel gemacht. Meine Maße lagen zwischen 42 und 44; da die Arja aber für Sweat konzipiert ist, habe ich 46 zugeschnitten. Ich habe den Brustpunkt versetzt, also die Stelle für den Brustabnäher, die Schultern ein bisschen nach außen verschoben und die Taille verlängert. Ach ja, und die Ärmel auch deutlich verlängert. Klar.

Ich bin bei der Jacke farblich neue Wege gegangen: komplett einfarbig, ungemustert und ROT. Ich trage nie Rot. Obwohl man das bei grauem Wetter ja ausdrücklich tun soll. Einziges Zugeständnis an meine Farbenliebe und Neigung zur Asymmetrie sind die Taschenreißverschlüsse; einer rot wie die Jacke, einer blau wie Futter und Reißverschluss.dsc_0682Die Jacke wollte ich komplett füttern, weil ich Kunstfaser auf der Haut nicht mag, und habe deshalb noch eine komplette Jacke aus Jersey genäht, nur eben ohne Taschenteile auf der Vorderseite. Die Anleitung ist hervorragend illustriert, das Nähen hat mühelos geklappt. Ich habe zusätzlich die Schulternähte abgesteppt, weil ich mir vorgestellt habe, dass die Nähte sich dann auf der Schulter schöner hinlegen. Die abgesteppten Nähte auf dem Rücken, also eigentlich die Nahtteile, aus denen der Rücken besteht, finde ich herrlich.

Als die Softshell-Außenjacke zusammengesetzt war, habe ich sie probeweise übergezogen. Hmm. Tja. Ja, sie passt wohl, aber mit Pullover drunter wird das nix. Die Jacke ist für minderbemuskelte Arme gedacht, glaube ich. Sie sitzt dort ziemlich hauteng. Dafür könnte ich mir zwei bis drei Körbchengrößen mehr Oberweite leisten.dsc_0692Na gut, aber um das Positive zu sehen: Der Brustabnäher sitzt auf exakt der richtigen Höhe, die Ärmel sind lang genug, die Taille sitzt gut und die Länge habe ich auch passend geschnitten. Da lohnte sich das Fertigstellen. An der Weite der Arme konnte ich sowieso nichts mehr ändern – einen Keil einnähen wollte ich nicht. Und bis etwa null Grad ist sie warm genug, um nur Unterhemd und T-Shirt drunterzuziehen.

Ab dem Zusammensetzen der beiden Jacken bin ich von der Anleitung abgewichen. Dort werden Außen- und Futterjacke mit einem Abschlussbündchen verbunden, Reißverschlüsse eingenäht und dann die verbleibenden Kanten geschlossen. Ich wollte aber für Softshell kein Bündchen am unteren Saum. An einer Regenjacke finde ich das nicht sinnvoll. Also habe ich zunächst den Reißverschluss nur an die Softshelljacke genäht. Anschließend habe ich die Futterjacke links auf links in die Außenjacke gelegt, den Rand nach innen eingeschlagen und gegen den Reißverschluss bzw. die eingeschlagene Kante der Softshell-Kapuze gesteckt. Das habe ich möglichst knappkantig gesteppt und dadurch die Außenjacke mit der Futterjacke verbunden.

Es fehlten nun noch der untere Saum und die Ärmelbündchen. Für Ärmelbündchen habe ich mich trotz Regenjacke entschieden, weil ich das einfach gemütlicher finde als offene Ärmel. Die Jacke sitzt am Po sehr gut und lässt nicht viel Wind rein, aber wenn am Ärmel kalte Luft reinzieht, werde ich unleidlich.dsc_0677-2Am unteren Saum habe ich das Futter so weit abgeschnitten, dass es einen Zentimeter kürzer war als die Außenjacke. Den Softshell-Rand, den man ja nicht versäubern muss, habe ich darübergeklappt, festgeklammert und dann mit einem dreifachen Geradstich von außen gesteppt.

Mit dem Ergebnis bin ich extrem zufrieden, auch wenn – wie immer – die Schultern zu schmal sind.dsc_0690Mit nur einem T-Shirt drunter sitzt die Jacke gemütlich, aber gut am Körper, die Kapuze (große Variante) ist wirklich groß und bedeckt selbst meinen 59er Kopf komplett, und ich habe geschafft, einen Reißverschluss ohne Versatz einzunähen. Mein persönlicher Jubeltag.dsc_0673-2Vielleicht trau ich mich noch mal an eine Arja aus Sweat. Den Schnitt finde ich fantastisch!

 

Verlinkt zu Me Made Mittwoch, Seasonal Sewing Sunday und After Work Sewing

8 Kommentare zu „Maritime Arja aus Softshell

  1. Die steht dir gut, deine knallig rote Softshell-Jacke!
    Ich finde es immer spannend, deine ganzen Veränderungen und den Werdegang zu lesen! Ich besitze auch eine rote Softshelljacke, leider gekauft (ziemlich teuer) und dann beim Arbeiten ziemlich runtergewirtschaftet. Vielleicht sollte ich auch mal darüber nachdenken, mir eine zu nähen. Dein Beispiel macht auf alle Fälle Lust drauf!
    Liebe Grüße Iggy

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    1. Hallo Iggy, mir ging das genauso. Hundert Euro für eine Softshelljacke mit eigentlich zu kurzen Ärmeln, die schon nach drei Tagen den ersten Druckknopf losgelassen hat. Das kann mit einer selbstgemachten auch nicht viel ärgerlicher werden. Man braucht knapp 150 cm, also liegst du bei ca. 25-30 Euro Material. Ich kann dir nur dazu raten! Liebe Grüße, Meike

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  2. super 😀 Ich gebe es zu, dass ich gern enge Ärmel mag – vorallem bei Körpernahen Bekleidungsschichten. daher rate ich jedem, der mich zu Tipps für eine Arja aus Softshell fragt (Ist ja eigentlich ein Sweat Schnitt) immer in der breite 1 größe mehr und an den Armen zusätzlich beidseitig 1 cm mehr + arm ausschnitt 1 cm nach unten an Vorder + Rückenteil. So erhalten die Ärmel zusätzlich nochmal 2 cm Umfang. Danke für dein Beispiel! Das hilft mir in Zukunft auch bessere Tipps geben zu können ^_^

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    1. Mensch, hätte ich dich mal vorher nach einem Tipp gefragt 😉
      Ich finde die Arja total gemütlich, und ich weiß ja jetzt, dass ich immer nur ein T-Shirt drunterziehe. Außerdem finde ich nach wie vor die Rückennähte unschlagbar schön. Danke dafür!

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