Meiner Mutter hatte ich zum Geburtstag im Juni (!) einen Gutschein für ein selbstgenähtes Kleidungsstück mit drei Schnitten zur Auswahl geschenkt. Sie hat sich zwei Tage später für das Blusenshirt No. 6 von Lillesol und Pelle entschieden, und zwei Wochen später habe ich bei Eurokangas in Helsinki eine superschöne Webware gefunden – nicht zu grell, aber nicht langweilig, bei näherem Hinsehen mit etwas Gold, und vor allem (der Clou!) minimal dehnbar.
Tja. Und dann lag der Schnitt eine Weile. Er hatte so gemein viele Teile, und ich hatte noch nie eine Bluse genäht und echten Respekt davor. Dinge zum Verschenken sind ja außerdem noch schwieriger als eigene, weil ich bei denen weniger makeltolerant bin. Jetzt habe ich mich aber aufgerafft und mich doch mal ans Nähen gemacht, bevor Weihnachten kommt.
Das Ebook ist gut bebildert und enthält farbige Linien an den Stellen, wo die Texterläuterungen Fragen offen lassen könnten. Einzig irritierend fand ich, dass das Ebook „Blusenshirt Webware“ heißt und das fotografierte Modellteil sehr nach Jersey aussieht. Das kam mir vor wie eine unfaire Erleichterung. Kann aber auch optisch täuschen.
Ich bin mit ziemlicher Frusterwartung und dem Auftrenner neben mir ans Werk gegangen. Ich brauchte ihn nicht. Die vielen Einzelteile verbinden sich schnell und sauber zu einem bald erkennbaren Rumpfteil, das an allen Passen noch einmal von außen gesteppt wird und dann sehr ordentlich aussieht. Die Stelle, an der ich gekämpft habe und das Nähwerk sicherheitshalber über Nacht habe liegenlassen, war der Übergang vom Kragen zur Knopfleiste. Das ist gemein fummelig, durch den dunkelblauen Stoff im Ebook nicht ganz einfach erkennbar, und fast unmöglich, wenn man nicht auf den Millimeter genau geschnitten hat.Mein Ergebnis an der Stelle ist nicht perfekt, aber ich war zufrieden. Unmut kam nur auf, weil ich ums Verrecken keine genau passenden Knöpfe zum Stoff finden konnte und deshalb bei Kam Snaps gelandet bin. Die sind bei mir immer die letzte Wahl, ich kann die Zange dazu nicht leiden. Hier passte allerdings das Türkis so gut zum Stoffmuster, dass mich das einigermaßen mit den Plastikknöpfen versöhnt hat.
Ungewohnt war außerdem, dass Rückenteil und Vorderteile unter der Passe gekräuselt werden, und zwar ganz klassisch mit langem Stich und gezogenem Faden. Meine Jungs haben keine gekräuselten Stoffe an ihrer Kleidung, und an den zwei, drei Stellen, wo ich das anderweitig mal brauchte, habe ich das Kräuseln mit Framilon umschifft, weil mir diese Fadensache so mühselig vorkam. Man lernt ja nie aus – es ist umkompliziert und geht relativ schnell. Ich hatte aber auch nicht den Anspruch, zentimetergenaue Falten einzulegen, sondern wollte es nur locker gerafft haben.Die Ärmel kann man halblang oder lang nähen, es gibt dann entsprechende Manschetten im Schnittmuster. Meine Mutter mag halblange Ärmel lieber, das war eine einfache Entscheidung. Im Schnittmuster gibt es sehr viele Markierungen, auch für die Lage der Manschetten, das war deshalb angenehm zu nähen.
Ich war am Ende ganz glücklich mit meiner ersten selbstgenähten Bluse, meine Mutter hat sich gefreut, dass sie auch noch passt, und ich plane schon die nächste Bluse – dann aber für mich!