Ratlosigkeit vor dem Kleiderschrank kennt jede Frau, behaupte ich mal, und „das geht nur für zu Hause“ auch. Ich wollte ein weder-das-eine-noch-das-andere-Kleidungsstück und habe mir dafür das Ebook für den Wickelrock Raita von Näähglück gekauft, um daraus einen büro- und alltagstauglichen, gut passenden Sommerrock zu nähen.
Der Rock wird aus Webware genäht und mit Schrägband eingefasst, und um das Ganze so richtig authentisch zu haben (Sophie Kääriäinens Näähglück-Ebooks haben finnische Namen), bin ich in Helsinki zu Eurokangas gegangen, einem riesigen Stoffladen in der Innenstadt. Ich habe dort nichts, aber auch rein gar nichts auf den Schildern verstanden und bin einfach tastend durch den Laden gegangen. Baumwolle und Polyester kann ich mit den Fingern unterscheiden. Meine Wahl fiel auf „CASCADE-satiini“, das konnte ich mit Interpretationsmut als Baumwollsatin identifizieren. Ich habe zwei Meter gekauft und sechs Meter gelbes Schrägband dazu, das sollte laut Ebook für die längere der beiden Rockversionen reichen.
Die Umsetzung allerdings habe ich dann eine Weile liegen lassen; erstens war ich faul und wollte nicht die rund 40 Seiten des Schnittmusters aneinanderkleben, zweitens hat mich einfach geschreckt, knapp sechs Meter Kante am Stück mit Schrägband einzufassen. Nach dem etwa fünften Arbeitstag mit „Was zieh ich nur an!“ in Folge habe ich mich doch aufgerafft. Das Schnittmuster bietet entweder 50 oder 65 Zentimeter Rocklänge. Beides fand ich für mich nicht ideal und habe dem kurzen Schnittmusterteil sechs Zentimeter hinzugefügt.Das Ebook von Näähglück ist gewohnt ausführlich, anfängerfreundlich und gut bebildert. Ich habe brav die vier Abnäher auf der Rückseite des Rockes erst gesteckt und anprobiert, musste aber vor dem Nähen nichts anpassen. Vor dem Einfassen wollte ich gern eine Eingrifftasche aufsetzen. Der Rock sollte zwar schlicht sein, deshalb einfarbig, aber einen kleinen Blickfang in Form einer Tasche fand ich vertretbar. Dem Vorschlag, die Tasche mit Paspelband zu arbeiten, bin ich gefolgt; ich hatte noch superschönes, diagonal gestreiftes in Gelb-Weiß vom vorherigen Auslands-Stoffladen-Besuch.
Ich habe zweimal nachgesehen – die Tasche war wirklich an allen Rundungen mit Nahtzugabe zuzuschneiden. Mir war vorher klar, dass meine Hand dann nicht reinpassen kann. Ich habe sie trotzdem nach Anleitung gearbeitet. In eine Tasche auf Bauchspeck-Höhe würde ich ohnehin nur ein Taschentuch stecken, und das kriege ich auch mit zwei Fingern rausgezogen.
Es folgte: Das Einfassen. Ich habe mir das Stecken geklemmt und einfach, wie im Ebook vorgeschlagen, an der rückwärtigen unteren Kante begonnen, die man beim fertig gewickelten Rock später nicht mehr sieht. Schön langsam, mit vielen Pedalpausen und hochkonzentiert habe ich das riesige Stoffteil umrundet. Erstaunlich gut funktioniert hat, das steife Webband um die enge Rundung am schmalen Ende des Wickelteils zu legen, da hatte ich mit Knicken und Falten gerechnet.
Der Rock bekommt einen Knopf am oberen Rand des breiten Endes. Die Bahn wird einmal in gleichbleibender Breite um die Hüfte gewickelt, nach einer Runde ist ein Knopfloch vorgesehen. Die zweite Runde, im Lauf derer der Rock nach oben schräg zuläuft, hat am Ende wieder ein Knopfloch. Der Knopf wird also zweimal „beknöpft“. Das kannte ich als Wickelrock-System auch noch nicht.
Leichter Unmut kam bei der Durchsicht meiner Knopfkiste auf. Die ist nicht dünn besiedelt, das nicht, aber genau das Blau und genau das Gelb waren nicht in passender Größe drin. Ich habe mich schließlich entschieden, die dritte Grundfarbe zu nehmen und einen roten Knopf anzunähen. Das gefiel mir am Ende überraschend gut, es löst den Schwedentracht-Eindruck der blau-gelben Farbkombination gut auf.Im Ergebnis sitzt der Rock sehr gut, die Höhe finde ich superangenehm, da kneift nichts. Das Einfassen war viel harmloser als erwartet, ich habe den gesamten Zuschnitt und das Nähen innerhalb eines kleine-Stöpsel-Mittagsschlafs geschafft. Schön, dass ich mich überwunden habe! Jetzt kann ich schick gewickelt zur Arbeit und danach ohne Umziehen auf den Spielplatz gehen.
verlinkt zu creadienstag und Handmade on Tuesday
ein toller rock – aber der kleine stöpsel ist der absolute star der Fotos 😉
so putzig wie er dich anschaut!!!
entzückend
lg andrea
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:-)) Danke! Ein klarer Fall von „Meine Mama ist die Tollste“, ne?
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Raita ist ein wirklich toller Schnitt, den habe ich letzten Sommer auch genäht. Allerdings habe ich etwas länger gebraucht als du, obwohl ich die Tasche weggelassen habe.
LG
Sandra
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Ich hatte immer im Nacken, dass der kleine Stöpsel jederzeit aufwachen könnte, das treibt an. Vielleicht war meine Stoffwahl auch dankbar…
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